Schuppenflechteverstehen
Schuppenflechte, auch Psoriasis genannt, ist kein gewöhnlicher Ausschlag. Es handelt sich um eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die bei jedem anders verläuft, aber in keinem Fall ansteckend ist. Typisch sind entzündete, rote, scharf begrenzte und schuppende Hautstellen, sogenannte Plaques, die an Körper und Kopfhaut auftreten können. Es kann auch zu Veränderungen an den Nägeln und Gelenken kommen. Häufig treten die Anzeichen schubweise auf: Dauer und Stärke der Schübe können unterschiedlich sein. Informiere dich hier über Symptome, Ursachen, Auslöser und Erkrankungsverlauf!
Was sind Symptome, Ursachen und Auslöser?
Dr. Hannes Trattner: Psoriasis – auch Schuppenflechte genannt – ist eine chronisch-entzündliche, nicht ansteckende Hauterkrankung. Sie wird durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren beeinflusst – wie zum Beispiel genetischer Veranlagung oder bestimmter Umwelteinflüsse. Darunter fallen unter anderem Übergewicht, Rauchen, Alkohol, Medikamente, Infektionen oder Stress.
Die häufigste Form ist die Plaque-Psoriasis oder Psoriasis vulgaris – mehr als zwei Drittel aller Patienten leiden darunter. Typisch sind entzündete, rote, scharf begrenzte und schuppende Hautstellen, sogenannte Plaques, die an Körper und Kopfhaut auftreten können. Es kann aber auch zu Veränderungen an Nägeln und Gelenken kommen. Darüber hinaus gibt es auch andere Erscheinungsformen wie Psoriasis inversa (Entzündungen in Körperfalten wie z. B. in den Achselhöhlen), Psoriasis pustulosa (mit schmerzhafter Bläschenbildung), Psoriasis guttata (stecknadelkopfgroße Entzündungsherde) oder psoriatische Erythrodermie (schwere Entzündung mit großflächig geröteter Haut).
Dr. Hannes Trattner: Die bei Schuppenflechte typischen Plaques, die silbrig-rötlichen Erhebungen, werden durch eine Entzündungsreaktion hervorgerufen. Das passiert, wenn Botenstoffe verschiedene Immunzellen aktivieren. Biologika sind Antikörper, die diese Botenstoffe gezielt hemmen können. Die Entzündungsreaktion wird dadurch gestoppt, noch bevor sie in der Haut ankommt. Das kann man sich wie ein Kabel vorstellen, das ein Signal von A nach B überträgt. Wird dieses Kabel durchtrennt, kann das Signal nicht mehr weitergeleitet werden.
Dr. Hannes Trattner: Psoriasis ist nicht ansteckend, aber eine Vererbung ist durchaus möglich. Das Risiko, an Psoriasis zu erkranken, liegt bei 14% bzw. 41%, wenn ein oder beide Elternteile betroffen sind. Zudem spielen bei der Entstehung der Krankheit weitere Faktoren wie die persönlichen Lebensumstände eine Rolle. Generell gilt: Vier von zehn Psoriasis-Patienten haben Verwandte, die auch an der Krankheit leiden.
Dr. Hannes Trattner: In Österreich sind rund 250.000 Menschen von Psoriasis betroffen. Das sind knapp drei Prozent der Bevölkerung. Es gibt mit Sicherheit auch eine Dunkelziffer. Mir ist wichtig, dass sich Betroffene nicht zurückziehen. Der Psoriasis-Patient des 21. Jahrhunderts sollte seinen Alltag nicht nach der Schuppenflechte ausrichten, sondern ein selbstbestimmtes Leben führen. Mit der Diagnose Psoriasis muss man sich heute dank der Vielzahl moderner Therapien nicht mehr verstecken.
Wie ist der Verlauf bei Schuppenflechte?
Dr. Hannes Trattner: Obwohl die Erkrankung bei jedem Patienten etwas anders aussieht, gibt es zwei typische Muster: Entweder die Schuppenflechte bricht vor dem 40. Lebensjahr aus, dann hat es meist genetische Ursachen. Oder sie tritt in der zweiten Lebenshälfte nach dem 40. Lebensjahr aufgrund verschiedener Umwelteinflüsse auf. Der weitere Krankheitsverlauf ist meist in Schüben: Phasen mit hoher und niedriger Belastung wechseln sich ab.
OA Priv.-Doz. Dr. Hans Skvara: Wir verwenden dazu verschiedene Methoden – eine ist der Psoriasis Area and Severity Index (PASI) um die Ausdehnung und Schwere der Erkrankung zu beurteilen. Dabei werden Rötung, Schuppung und Dicke der Plaques sowie die betroffene Körperoberfläche bewertet. Je nach Befall kann die Schuppenflechte somit in leicht, mittelschwer und schwer eingeteilt werden. Doch auch speziell befallenen Stellen wie z.B. die Kopfhaut, der Intimbereich oder die Nägel haben eine besondere Bedeutung in der Beurteilung. Ein weiteres Instrument ist der Dermatology of Life Quality Index (DLQI). Mit diesem Fragebogen wird die Belastung des Patienten im Alltag aufgezeigt.
Dr. Katharina Wippel-Slupetzky: Diese Chance ist de facto nicht gegeben. Psoriasis kann nur einen wellenförmigen Verlauf nehmen. Es gibt zum Beispiel Patienten, die in Stresssituationen ein Aufblühen der Psoriasis beobachten. Darüber hinaus existieren Spezialformen – wie in Zusammenhang mit Infekten auftretende Schuppenflechte, die sogenannte Psoriasis guttata. Wird hier der Infekt behandelt, kann auch die Psoriasis zurückgehen. Wichtig ist zu betonen: Plaque-Psoriasis lässt sich in jeder Phase der Erkrankung sehr gut behandeln. Moderne Medikamente können bei einem Großteil der mäßig bis schwer betroffenen Patienten zu einer fast oder komplett erscheinungsfreien Haut führen.
Psoriasis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung und bis zum heutigen Tag nicht heilbar. Allerdings gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Medikamenten, die die Symptome wirksam bekämpfen. Mit modernen Medikamenten ist auch eine Haut ohne Psoriasis-Plaques möglich.
Dr. Hannes Trattner: Bei Psoriasis muss ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden. Es ist noch zu früh, um Empfehlungen hinsichtlich einer bestimmten Diät für Psoriasis-Patienten auszusprechen. Es gibt jedoch erste Hinweise darauf, dass sich eine glutenfreie sowie mediterrane Ernährung, reich an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D, positiv auswirken könnte. Viel wichtiger als spezifische Ernährungsempfehlungen ist es jedoch, Übergewicht zu vermeiden. Im Fettgewebe werden Entzündungsbotenstoffe gebildet, die nicht nur die Psoriasis selbst verstärken, sondern auch die Entwicklung von Begleiterkrankungen wie Depression oder Herzinfarkt begünstigen. Darüber hinaus sollten Betroffene Alkohol, Nikotin und psychischen Stress vermeiden, weil auch diese Faktoren die Erkrankung nachweislich verschlechtern.
Welche Begleiterkrankungen sind möglich?
Dr. Barbara Gruber: Bei Schuppenflechte kann eine Vielzahl an Begleiterkrankungen auftreten. Dazu zählt zum Beispiel Psoriasis-Arthritis – bei dieser Form der Schuppenflechte sind auch die Gelenke von Symptomen betroffen. Darüber hinaus sind weitere Beschwerden wie Bluthochdruck, Diabetes, Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen möglich.
Dr. Barbara Gruber: Schuppenflechte ist eine genetisch manifeste Erkrankung. Das heißt: In der Erbmasse des Patienten ist festgelegt, dass diese Krankheit im Körper vorhanden ist. Bestimmte Trigger – wie zum Beispiel Stress – können dann dafür sorgen, dass Schuppenflechte tatsächlich ausbricht.
Ihr auffälligstes Kennzeichen ist eine Entzündungsreaktion, die auf der Haut sichtbar wird. Darüber hinaus werden aber auch weitere Körpersysteme von der Krankheit angegriffen – wie das Herzkreislaufsystem oder das Fettgewebe. Daher kann es zu Begleiterkrankungen kommen.
Dr. Barbara Gruber: Ein klares Signal sind Schmerzen: Als Ärztin erhebe ich daher bei jeder Kontrolle, ob Gelenksbeschwerden aufgetreten sind. Zudem mache ich einen Drucktest und frage, ob das Schmerzen auslöst. Auch Schwellungen an den Gelenken oder Sehnenscheiden sind ein Indiz für Psoriasis-Arthritis. Verhindern lässt sich die diese Entwicklung nicht. Ein früher Therapiebeginn kann aber einem schweren Verlauf und einer Deformation der Gelenke entgegenwirken.
Zu den Personen
Dr. Hannes Trattner
Dr. Hannes Trattner ist Facharzt für Dermatologie. Sein Spezialgebiet ist Psoriasis und ihre Begleiterkrankungen, allen voran Psoriasis-Arthritis. Am AKH Wien etablierte er eine interdisziplinäre, rheumatologische Sprechstunde innerhalb der Psoriasis-Ambulanz. Dadurch konnte die Versorgungsqualität von Patienten maßgeblich verbessert werden.
Priv.-Doz. Dr. Hans Skvara
Dr. Hans Skvara ist Facharzt für Dermatologie. Zuvor war er als Oberarzt an der Abteilung für Dermatologie und Venerologie im Landesklinikum Wiener Neustadt tätig. Zu seinen Spezialgebieten gehören die Früherkennung und Therapie entzündlicher Hauterkrankungen sowie Tumorerkrankungen der Haut und die operative Dermatologie.
Dr. Katharina Wippel-Slupetzky
Dr. Katharina Wippel-Slupetzky ist Oberärztin sowie Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Haut Ambulanz im Gesundheitszentrum Wien Floridsdorf. Ihr Spezialgebiet umfasst unter anderem Psoriasis und Neurodermitis.
Dr. Barbara Gruber
Dr. Barbara Gruber ist Oberärztin der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten am Klinikum Wels-Grieskirchen in Oberösterreich. Zu ihren Spezialgebieten zählen u.a. die Psoriasis und Neurodermitis.